16/1/2019 0 Comments Tauchen lernen im bösen "Ausland"?Es scheint bei einigen wie ein Reflex zu sein: Sobald jemand nach einem Tauchkurs in Ägypten, auf den Kanaren, auf den Philippinen oder wo auch immer fragt, kommt sofort mehrfach die Empfehlung, man möge den doch in Deutschland machen, nur da könne man schließlich ordentlich tauchen lernen.
Mehr oder weniger vehement, in mehr oder weniger schlechtem Deutsch vorgetragen, aber eigentlich immer mit dem Glauben verbunden, im "Ausland" würde ja doch nur gepfuscht, weil da alle nur dein Geld wollen. Ist das so? Was für Unterschiede sind denn in der Tauchausbildung wichtig? Verein vs. Basis Viele, die über Tauchausbildung in Deutschland reden, meinen damit eine Ausbildung im Verein. Das macht tatsächlich einen ziemlich deutlichen Unterschied zu einer kommerziellen Tauchbasis: Im Verein wird regelmäßig im Schwimmbad trainiert, auch im Winter, man macht erst mal Flossentraining und tastet sich nur langsam ans Gerät ran, grundsätzlich wird deutlich mehr Zeit im Pool verbracht, bevor man dann mal im Freiwasser taucht. Meistens führt das tatsächlich dazu, dass Leute wirklich gut tauchen können. Klar, hier stimmt einfach die Zeit im Wasser. Nicht für jeden ist aber die damit verbundene Vereinsstruktur angenehm, deshalb ist das nicht die einzige Möglichkeit, tauchen zu lernen. Wer sich damit wohlfühlt, ist in einem Verein ganz sicher gut aufgehoben. Da geht es dann aber nicht um Ausbildung in Deutschland, sondern um Ausbildung in einem Verein, DAS ist nämlich der wichtige Unterschied. Im Urlaub lernen? Einige finden auch, dass man im Urlaub doch lieber entspannen und das Tauchen genießen soll. Wer den Kurs vorher abgeschlossen hat, kann dann einfach tauchen gehen. Das kann richtig sein, aber nicht für jeden. Viele sind im Urlaub einfach entspannter, wollen nicht nach einem normalen Arbeitstag abends noch in den Pool, können im Urlaub am Strand auch konzentrierter lesen.... Und auf jeden Fall kann der Kurs selbst ja auch Spass machen - man taucht dabei tatsächlich, und sieht auch echte Fische! Zudem ist die Logistik in einer Basis am Meer natürlich viel geschmeidiger als in Deutschland: Das Wasser ist gleich nebenan. Keine langen Fahrzeiten, keine eingeschränkten Pool - Zeiten - und dass man leichter ins Wasser kommt, bedeutet oft, dass man dort mehr Zeit verbringen kann. Wer sich mit der Theorie schwer tut, kann ja vorab mit dem lernen anfangen. Bei SSI z.B. geht das gratis, einfach anmelden und schon hat man Zugang zur ersten Hälfte Theorie für den Open Water Diver. Der Rest ist im Urlaub dann echt kein Problem mehr.... Geldmacherei? Ganz stark verbreitet ist auch die Vorstellung, dass die Tauchbasen im "Ausland" es ja nur auf dein Geld abgesehen haben. Ganz ehrlich: Ja, haben wir. Klar. Deine KFZ-Werkstatt repariert dein Auto ja auch nicht aus Liebe zur Technik für lau, und dein Klavierlehrer mag zwar ein echter Musikliebhaber sein, lässt sich die Stunden aber trotzdem bezahlen. Das ist überall so, auch in Deutschland. Ehrenamtlich arbeiten nur die Vereine, und das hatten wir ja schon.... Natürlich ist jede Tauchbasis ein Unternehmen, wir verkaufen Tauchkurse, Tauchgänge, Flaschenfüllungen und Ausrüstung. Und ein paar gute Tipps gibts manchmal noch gratis dazu. Da ist nichts schlimmes dran, wenn man eine Dienstleistung bucht, muss man die eben bezahlen. Und im Großen und Ganzen sind die Preise tendenziell deutlich zu niedrig - schon mal deinen Tauchlehrer gefragt, was er/sie verdient? Natürlich ist es wichtig zu schauen, wo man für welches Geld welche Leistung bekommt. Ein Kurs mit acht Teilnehmern kann sicher viel günstiger sein als einer mit zwei, dafür wird das Lernen da auch entsprechend schwieriger. Und es macht einen riesengroßen Unterschied, ob man nur die Mindestzeit im Wasser verbringt, oder ob man richtige, normale, lange Tauchgänge von 45 Minuten und mehr unternimmt. "Deutsche" Qualität und das "böse" Ausland Womit wir dann auch gleich beim wichtigsten Punkt wären: Wo ist die Ausbildung denn besser? Für mich eigentlich ganz klar: Da, wo der für dich beste Tauchlehrer ausbildet. Auf einer Tauchbasis in Urlaubsländern abeiten normalerweise Tauchlehrer, die das hauptberuflich machen und sehr schnell über sehr viel Erfahrung verfügen. In Deutschland ist die Taucherei für fast alle nur Nebenerwerb, so dass ein Tauchlehrer das nur ab und zu mal am Wochenende macht. Routinierter und erfahrener sind also üblicherweise diejenigen, die das hauptberuflich und das ganze Jahr über machen. Die Standards der Tauchverbände sind weltweit die gleichen, und sie werden weltweit gerne auf ein Minimum zurechtgeschraubt. 20 Minuten auf einer Plattform kniend Übungen machen und das Freiwasser-Tauchgang nennen ist Pfusch, und genau das findet in Deutschland genauso häufig statt wie anderswo. Und in den meisten Urlaubsregionen gelten Regeln und Gesetze, die denen in Deutschland nicht wirklich nachstehen. Dass man "im Ausland" (du liebe Güte... das ist die ganze Welt mit all ihren Unterschieden!) alles dürfe und nichts kontrolliert werde, ist ein ziemlich hartnäckiger Mythos. Ja, unsere Autos haben TÜV, sogar jährlich, unsere Flaschen müssen zur Druckprüfung, sogar alle drei Jahre, und wir brauchen so viele Papiere, dass ich gar nicht alle aufzählen mag. "Wer in Deutschland gelernt hat, kann überall tauchen" Während man das mit den Vereinen und das mit lieber nicht im Urlaub lernen ja wirklich von zwei Seiten sehen kann, gibt es zu der Aussage eigentlich nur eine Antwort: Quatsch. Jeder lernt im Anfängerkurs, unter vergleichbaren oder besseren Bedingungen zu tauchen. Ein deutscher See kann zwar kalt sein und schlechte Sicht haben - wenn jemand aber in einem Baggersee bei 6m Tiefe ohne jede Wasserbewegung seinen Kurs absolviert hat, kann der keinen Brandungseinstieg, kommt nicht mit Schwell oder Strömungen klar, kann sich auch nicht so leicht orientieren, wenn er plötzlich Sicht hat und sich in Landschaft zurechtfinden muss, nicht in einem kleinen abgezirkelten Rahmen mit dem Kompass. Und rückwärts vom Boot plumpsen kann da auch zu einer Herausforderung werden.... Fazit Ob man lieber im Urlaub oder zuhause, in einer professionellen Tauchbasis oder in einem Verein tauchen lernt, hängt schlicht von den persönlichen Vorlieben ab. Nichts davon ist per se schlechter, bei allen Varianten gibt es allerdings sehr gute und sehr, sehr schlechte Anbieter.... Ich bilde gerne auf La Palma aus, weil wir von Anfang an ins Meer können, weil die Bedingungen durchaus anspruchsvoll sind (der Atlantik bewegt sich halt schon mehr als z.B. das Mittelmeer...) und weil es viel zu sehen gibt. Wir können viel Zeit tatsächlich mit Tauchen verbringen, haben nicht den Druck, schnell alle Übungen durchzurocken, und können flexibel zusätzliche Tauchgänge anbieten, wenn jemand mehr Zeit haben will. Aber natürlich: Wer hier gelernt hat, muss sich in Deutschland noch mal zeigen lassen, wie trüber Baggersee funktioniert, und hat auch keine Ahnung, was ein Strömungstauchgang mit negativem Einstieg vom Boot aus ist. Deshalb hoffe ich immer, dass der erste Kurs nur der Anfang ist - alles weitere lernt man dann mit der Zeit noch :-) Wer sehen will, wie ein Kurs bei uns funktioniert, kann hier einen Eindruck bekommen: More than Bubbles - Tauchen lernen auf La Palma
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